gegenseitige Verträge

gegenseitige Verträge
Austauschverträge, synallagmatische Verträge; jeden Vertragspartner zu einer im wechselseitigen Verhältnis stehenden Leistung (bzw. Gegenleistung) verpflichtende  Verträge, z.B. Kauf-, Miet-, Werkvertrag.
- Gesetzliche Sonderregelungen: §§ 320–326 BGB.
I. Zurückbehaltungsrecht:1. Die beiderseitigen Leistungen haben Zug um Zug zu erfolgen. Jeder Verpflichtete kann, soweit er nicht z.B. bei Miet- und Werkvertrag vorleistungspflichtig ist, seine Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern (§ 320 I BGB; „Einrede des nicht erfüllten Vertrages“).
- 2. Ist ein Teil vorleistungspflichtig, steht ihm ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn nach Vertragsschluss durch Verschlechterung der Vermögenslage des anderen Teils der Anspruch auf die Gegenleistung gefährdet wird und keine  Sicherheitsleistung erfolgt (§ 321 BGB).
- 3. Geltendmachung der Zurückbehaltungsrechte im Prozess führt zur Verurteilung Zug um Zug (§ 322 BGB).
II. Leistungsstörungen:Die §§ 323–326 BGB regeln den Einfluss von  Leistungsstörungen, v.a. auf die Gegenleistung, in teilweiser Ergänzung und Abänderung allgemeiner Vorschriften.
- 1. Unmöglichkeit: Wird die eine Vertragspartei durch Unmöglichkeit von ihrer Leistungspflicht befreit, hat dies folgende Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten der anderen Vertragspartei: a) Es entfällt die Pflicht zur Gegenleistung (Gegenleistungspflicht; § 326 I BGB). Leistet die andere Vertragspartei trotzdem, kann sie ihre Leistung wieder zurückfordern (§ 326 IV BGB). Keine Befreiung von der Gegenleistungspflicht tritt ein (1) bei  Unmöglichkeit der  Nacherfüllung, z.B. wenn die Reparatur einer mangelhaften Kaufsache durch den Verkäufer endgültig fehlschlägt (irreparable  Schlechtleistung). Die andere Vertragspartei hat vielmehr ein Wahlrecht aus Sondervorschriften, z.B. aus  Mängelhaftung im Fall einer mangelhaften Kaufsache.
- (2) Bei alleinigem oder weit überwiegendem  Verschulden der anderen Vertragspartei an der  Unmöglichkeit oder bei  Annahmeverzug.
- Beispiel: Der Käufer zerstört grob fahrlässig bei einem Unfall das mangelhafte Kraftfahrzeug, das repariert werden soll.
- (3) Wenn die andere Vertragspartei  Aufwendungsersatz nach § 284 BGB verlangt.
- b) Die andere Vertragspartei hat ferner das Recht zum  Rücktritt vom Vertrag (§ 326 V BGB).
- c) Daneben kann die andere Vertragspartei anders als vor der  Schuldrechtsreform bei Verschulden  Schadensersatz statt der Leistung verlangen (§§ 325, 283 BGB).
- 2. Schlechtleistung und Leistungsverzögerung: Nach einer erheblichen Schlechtleistung oder  Leistungsverzögerung durch die eine Vertragspartei hat die andere Partei das Recht zum  Rücktritt vom Vertrag, wenn sie zuvor erfolglos eine angemessene Frist gesetzt hat, § 323 BGB ( Ablehnung). Die Nachfristsetzung ist entbehrlich (1) bei ernsthafter und endgültiger Leistungsverweigerung, (2) bei Just-in-Time-Verträgen oder sonstigen Fällen unzumutbaren Abwartens.
- Daneben können wiederum Ansprüche auf Schadensersatz bestehen (§§ 325, 281 BGB).
- 3. Schutzpflichtverletzung: Ist der anderen Vertragspartei nach Verletzung einer  Schutzpflicht das Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten, hat sie ebenfalls das Recht zum  Rücktritt vom Vertrag (§ 324 BGB) und ggf. einen Anspruch auf Schadensersatz (§§ 280, 282 BGB).
III. Behandlung im Insolvenzverfahren:Ist ein g.V. z.Z. der  Insolvenzeröffnung weder von dem  Gemeinschuldner noch von dem Vertragspartner vollständig erfüllt (stets bei Eigentumsvorbehaltsgeschäften), so hat der  Insolvenzverwalter ein Wahlrecht: (1) Er kann Erfüllung des Vertrages verlangen und muss dann auch den Partner voll als  Massegläubiger befriedigen.
- (2) Er lehnt die Erfüllung ab, dann hat der Vertragspartner nur einen Schadensersatzanspruch als  Insolvenzgläubiger (eine schon erbrachte und in das Eigentum des Gemeinschuldners übergegangene Teilleistung kann er nicht aus der Masse zurückverlangen; § 103 InsO).
- Wählt der Insolvenzverwalter bei Sukzessivlieferungsverträgen Erfüllung, so muss er den ganzen Vertrag voll aus der Masse erfüllen, also auch die Leistungen, die schon vor Insolvenzeröffnung fällig geworden sind. Anders bei Wiederkehrschuldverhältnissen, die nicht zur Abnahme bestimmter Mengen verpflichten, z.B. Verträge über die Lieferung von Elektrizität, Gas und Wasser; hier sind Masseansprüche nur die nach Insolvenzeröffnung fällig werdenden Ansprüche.
- Sonderregelungen: (1) Für Miet- und Pachtverträge (§§ 108–112 InsO) sowie (2) für Dienstverträge (§§ 113 f. InsO).

Lexikon der Economics. 2013.

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